Ich habe Kinder. Diesen Kinder gebe ich Sachen in die Hand, mit denen sie spielen dürfen. Manchmal sind es Dinge, die mir gehören. Manchmal sind es Dinge, die die große weite Industrie für Kinder in ihrem Alter entwickelt hat. Spielzeug eben. Alle diese Dinge sollen zwei Sachen erfüllen:
1. Es soll ihnen Spaß machen.
2. Sie sollen irgendwas lernen.
Die meiste Zeit erkenne ich nicht, was sie jetzt genau lernen sollen, sprich, meine Geschenke folgen keinem Lern-masterplan. Ich sehe, was ihnen Spaß macht und dann gebe ich Ihnen Dinge, die dazu passen (oder sie suchen es sich selbst)
Wenn Kinder jünger sind, dann sind das für Mädchen und Jungs die gleichen Sachen. Steckwürfel, Mamas Schlüsselanhänger, Holzpuzzelspiele, Wasserfarben.
Jetzt langsam fängt es aber an, dass die Spielzeuge nach Geschlecht aufgeteilt werden. Dabei sind die Spielsachen für Jungs (Bagger, Autos, ect.) oft neutral in Farben und Formen. Ein Feuerwehrauto in klein sieht halt aus wie ein Feuerwehrauto in groß. Was soll man da auch rosa anmalen?
Was passiert aber mit speziellen Mädchenkram?
Aus meiner Kindheit sind noch Puppen übrig. Und Ja, Jungs spielen auch gerne mit Puppen. Meine Jungs machen das zumindest und füttern ihre Puppen, legen sie zum schlafen und versuchen sie zu wickeln…
Jetzt habe ich sie gefragt, ob ich dem Christkind fragen soll, ob es Puppen für sie bringen könnte….
Sie standen beide mit leuchtenden Augen da und haben „Jaaa!“ gerufen.
Also stöbere ich durch Online-händler und reale Spielzeugläden auf der Suche nach Puppen…eine rosa Glitzerwelt droht mich zu erschlagen. Spielen alle Mädchen wirklich nur mit Dingen aus Rüschen und rosafarbenen Plüsch?
Wo liegt meine persönliche Gender-Schmerzgrenze? Kaufe ich meinen Jungs rosafarbene Glitzerpuppen, die eigene Personalausweise haben, wo sich die „Puppenmama“ eintragen darf?
Bei einem bekannten Händler lese ich zum Thema „warum mit Puppen spielen?“ : …fördert die Fantasie und unterstützt nachweislich die Entwicklung sozialer Fähigkeiten und Werte wie Verantwortung, Kommunikation und Einfühlungsvermögen. Quelle babyborn
Ja, das hätte ich auch gerne…ohne Glitzer…gibt es keine Puppenpapas da draußen? Wieso separiert die Spielzeugindustrie wie in den 50er Jahren noch Spielzeug so stark? Ist unsere Gesellschaft nicht längst wo anders angekommen?
Sollen Puppen für Jungs anders sein als Puppen für Mädchen?
Es gibt bei Jako-o den berühmten Krümel.
Es gibt auch von Haba Puppen, die mich nicht sofort an einen Kleinmädchentraum aus den 80er Jahren erinnern.
Ich muss ehrlich sein. Ich finde schon, dass Jungs mit Puppen spielen dürfen. Aber ich habe keine Lust, dass mein Kinderzimmer zu einem Politikum wird. Ich habe keine Lust, dass ich Rosa-Zeug anschaffe, nur um anderen Müttern zu beweisen, wie genderneutral ich meine Jungs doch erziehe. Wie modern das alles hier ist.
Einem Mädchen eine kleine Bohrmaschine zu kaufen, ist längst kein Thema mehr. Was ist aber mit den Jungs? Ist es auch kein Thema mehr, ihnen Puppen zu kaufen, die wirklich alles (vom Kinderwagen bis zur Windelhose) in rosa und pastell haben?
Versteht mich nicht falsch, ich habe nicht vor, alles rosa zu verbannen. Ich habe nur was gegen diese einseitige Farbgebung. Bin ich jetzt unmodern? Traditionell? Eine verkappte CSU-Wählerin, weil ich nach Puppen Ausschau halte, die blau, braun, grün, rot UND rosa tragen?
Zu den Puppen werde ich wohl dann doch die meiste Kleidung selbst herstellen, also nicht wundern, wenn hier mal ein kleiner Puppenpullover auftaucht…ich muss gestehen, ich habe bereits nach Strickmuster und Schnittmuster gegoogelt…
Apropos gender-Spielzeug und stricken. Ich habe einen Strickkorb. Meinen Kindern ist es wirklich verboten, diesen Strickkorb auch nur nahe zu kommen. Deswegen haben sie jetzt auch einen eigenen Strickkorb und sitzen friedlich herum und zerwuseln Wolle. Gott sei Dank, ist das weder männlich noch weiblich, sondern bunt. Kinder ( Jungs wie Mädchen) wollen nämlich vor allem ihre Welt imitieren. Und wenn Mama strickt, dann wollen sie auch „stricken“. Wenn Papa kocht, wollen sie auch kochen. Soll ihnen doch ohne Farbschablone und Politikum einfach gewährt werden…
Diese Gedanken stelle ich samstags seufzend und unfertig zu Ninjas Samstagskaffee.
13 Comments
Larissa//No Robots Magazine
13. Dezember 2014 at 19:53Als ich ein kleines Mädchen war, war es vollkommen normal, dass wir mit Mädchen- und Jungsspielzeug gespielt haben. Ich wollte nie Prinzessin werden sondern Pirat. Und bis ich in die „Elterngeneration“ eingetreten war, war ich überzeugt, dass das heute noch genauso ist. Oder sogar besser. Dass Jungs heute viel selbstverständlicher mit „Mädchensachen“ spielen. Und dann lese ich plötzlich überall, dass Spielzeug total durchgegendert ist und ich bin total verwirrt. Und schlimmer noch: Dann lese ich vor ein paar Tagen eine Diskussion auf Spiegel Online Facebook, wo Mütter doch tatsächlich ganz sarkastisch fragten: „Soll ich meiner Tochter jetzt einen Werkzeugkasten schenken oder was?!?“ Oder sogar der Meinung waren, dass ihre Kinder alle schwul würden, wenn sie mit allem spielen dürften und Töchter ganz sicher schwule Kampflesben werden. Da frage ich mich ernsthaft, was mit der Welt nicht in Ordnung ist.
fadenvogel
13. Dezember 2014 at 20:57Was mich hier vor allem beschäftigt, ist eben die Einteilung von Spielsachen in Geschlecht. Nehmen wir mal Wasserfarben – welches Geschlecht hat das Malen mit Wasserfarben? Ist das männlich, weiblich oder gar menschlich?
Welches Geschlecht soll das Spielen mit Puppen haben? Ich würde gerne diese Debatte mit der Spielwarenindustrie in meinem Haus auslassen dürfen…ich hätte gerne Puppen für Kinder, und nicht für Jungs oder Mädchen….
Larissa//No Robots Magazine
13. Dezember 2014 at 22:42Ich glaube, der Spielzeugindustrie ist das sogar ziemlich egal. Sie haben gesehen, dass Mädchen bestimmte Sachen mögen, also haben sie davon noch mehr gemacht und noch „mädchenhafter“. Dann haben die Kinder das gesehen und wollten es haben. Also hat die Industrie das Konzept weiter ausgebaut. Es ist ein Teufelskreis.
Hana Mond
14. Dezember 2014 at 00:24Der Spielzeugindustrie ist das nicht „egal“, sie forciert das: Ist ja viel besser, wenn die Eltern fürs kleine Brüderchen den kompletten Spielzeugbestand neu kaufen, weil es ja nicht mit den pinken Mädchensachen der großen Schwester spielen kann … selbiges gilt für Klamotten.
Dazu verstärkt es den „Haben“-Wunsch der Kinder, wenn die Produkte suggerieren: „Das ist nicht für ALLE Kinder, das ist speziell für dich!“ und das ist mit Gender-Kram natürlich gut zu machen.
Larissa//No Robots Magazine
14. Dezember 2014 at 08:54Ja, genau das wollte ich sagen …
„Welches Geschlecht soll das Spielen mit Puppen haben?“ Das ist der Industrie egal. Sie interessiert sich nicht für Gender sondern nur für Verkäufe.
Frau Jule
13. Dezember 2014 at 20:13ohje, okay, da kann ich deinen antirosakommentar bei mir verstehen. ich gehe da voll mit deinem gedankengang. derzeit überlege ich, ob ich meinem neffen eine waldorfpuppe machen soll. so voll ungeschlechtlich. das was du da anprangerst nennt man übrigens doing gender und verursacht mir oftmals einen gehirnknoten auch bei meiner arbeit als sonderpädagogin.
lass dich nicht unterkriegen!
liebe grüße,
jule*
fadenvogel
13. Dezember 2014 at 20:57Doing gender, ja, das sagt mir auch noch was. Kam in meinem Studium auch mal vor.
Hana Mond
14. Dezember 2014 at 00:31Das ewige Thema … am besten finde ich die Argumentation vieler Menschen „Mädchen rosa, Jungs blau, das war schon immer so – das ist doch genetisch!“ – bis Anfang des letzten Jahrhunderts war es umgekehrt …
Ich finde die Entwicklung auch furchtbar und werde dereinst wohl (hoffentlich) viel selbst machen. Mädchen dürfen gern AUCH rosa Dinge haben, aber bitte nicht ausschließlich. Ich habe mich schon als Kind gefragt, warum mein Barbie-Wohnmobil eigentlich pink war – das, worin wir unsere Familienurlaube verbracht habe, war schließlich weiß, wie alle echten Wohnwagen und -mobile. Das hätte mir besser gefallen …
Ich wünsche mir auch eine Welt, in der Jungs mit Puppen spielen dürfen und Mädchen mit Werkzeugkästen, in der Kinderspielzeug bunt ist statt pink oder blau und in der Spielzeugabteilung Vielfalt statt Einfalt geboten wird. Bis dahin hilft wohl am besten: Unabhängig machen von der Industrie, durch Selbermachen oder Anfertigung von kleinen Handwerkern.
Kathrin
14. Dezember 2014 at 10:10Liebe Sabine, deine Gedanken teile ich! Ich stand als Jungsmama auch schon an diesem Punkt: Mit etwa vier Jahren wollte mein Junge unbedingt ein Geschwisterchen und wir haben uns schon von Anfang an dagegen entschieden (über die Einzelkind-Frage könnte man nun auch wieder eine Diskussion führen 😉 Naja, jedenfalls haben wir uns dann für ein Puppen-Brüderchen entschieden und dieses musste nach Aussage von unserem Sohn einen Pipimann haben! Weißt Du wie schwer es ist eine Puppe mit Geschlechtsteil zu finden? Die meisten sind eher Geschlechtsneutral Aber wir sind tatsächlich fündig geworden und seit etwa drei Jahren wohnt Fridolin nun bei uns und alle Kinder, die zu Besuch da sind spielen gern damit, auch die Jungs! 😉 In diesem Sinne, hab ein schönes drittes Adventswochenende, Kathrin*
fadenvogel
14. Dezember 2014 at 21:21Oh Gott, Puppen mit Geschlechtsteilen finden? WOW, mir reicht schon die rosarote Glitzerdebatte…Wir haben uns jetzt für HABA entschieden und ich bin gespannt, ob dieses Geschenk ein Treffer ist oder nicht. Im Sinne des „too Much“ werde ich dann alle anderen Puppen erstmal wegräumen. Wenn Puppen schon diese Fragen aufwerfen, wie geht das dann weiter? Puh…
Hana Mond
17. Dezember 2014 at 12:44Ich hätt da wohl einfach eine geschlechtslose Puppe mit Stoffkörper genommen und die fehlenden Teile drangenäht 😉
Morjanne
2. April 2015 at 14:26Oh, die leidige Gendersache… ich hatte auch immer die Illusion, dass wir uns quasi vorwärts bewegen, und warum auch sollte es anders sein, wo doch ich und die meisten meiner Freundinnen so „modern“ erzogen waren?
Und plötzlich steht man da mit einem kleinen Jungen, der pink und rosa liebt, und versucht krampfhaft Erklärungen zu finden, warum man ihm nicht das hübsche Rüschenkleidchen kauft, das er begeistert anschleppt. Ich hab mich gleich ein bisschen schuldig gefühlt.
Spielzeug- und Klamottenabteilungen sind so durchgegendert wie noch nie, H&M verkauft schon Babysachen in getrennten Geschlechterabteilungen und ab Größe 86 „Slim Jeans“ (Nichts mehr mit Windelpopo oder gar Babyspeck). Wenn ich mir Spielzeugläden mit ihrer knallpink-auf-der-einen-blau-auf-der-anderen-Seite-Ordnung ansehe, wird mir ganz anders.
Gott sei Dank gibt es Ikea. Dort habe ich eine hübsche neutrale Stoffpuppe gefunden, die ausgiebig geknuddelt und herumgeschleppt wird und ab und zu Kleidchen trägt.
fadenvogel
2. April 2015 at 17:18Danke für deine Gedanken und den Tipp mit Ikea. Ich kaufe SEHR GERNE Spielsachen bei Ikea, irgendwie sind die wie auch die Kindermöbel immer super – ganz anders wie manchmal die anderen Möbel dort. Da gibt es leider auch manchmal den Griff ins Klo…finde ich zumindest…