Letztens habe ich einen Artikel über den Toast Hawaii in der Zeitung gelesen. Der hat nämlich dieses Jahr Geburtstag. 60 Jahre ist er alt.
Allgemein wird die Erfindung des Toast Hawaii einen längst in Vergessenheit geratenen Fernsehkoch der 50er Jahre zugeschrieben. Einem gewissen Clemens Wilmenrod. Einem Fernsehkoch! Wohl der erste überhaupt. Einer, der eigentlich gar kein Koch war, sondern Schauspieler. Hier habe ich euch ein Video über seine Erfindung der gefüllten Erdbeeren verlinkt. Besonders dramatisch sein Aufruf gegen Ende, man möge jetzt anrufen, sollten Zuschauer schon jemals mit Mandel gefüllte Erdbeeren gekostet haben! Er ramme sich augenblicklich jenes Küchenmesser in die Brust!
Aber selbst Wikipedia räumt ein, dass es dahinter wohl eine kulinarische Kriminalgeschichte steckt: Das Rezept über den Ananas-Toast scheint geklaut worden zu sein – vom Wilmenrods Konkurrenten Hans Karl Adam.
Ich lese um den Toast Hawaii ein bisschen herum, entdecke ein interessantes Buch über Rezepte und ihre Geschichten. Aus diesem Buch scheinen sich alle Zeitungsartikel zu speisen.
Kochshows sind aus der deutschen Fernsehlandschaft nicht mehr wegzudenken. Stunde um Stunde wird im TV gekocht – Ost gegen West, Promi gegen Sternekoch, Lokal gegen Lokal. Aber noch niemand scheint Kulturgeschichte geschrieben zu haben wie jener kleine Toast. Und ich stelle ihn mir vor, den Moment, als 1955 Herr Wilmenrod die Cocktailkirsche vor laufender Kamera auf seinen Toast Hawaii gelegt hat – mit wohl ähnlicher Dramatik wie bei den gefüllten Erdbeeren. Und zu Hause vor dem Fernseher so ein Ruck durch dieses Land gegangen ist, dass heut wirklich jeder mit diesem Gericht eine Kindheitserinnerung zu verbinden scheint. Großmütter – damals noch Mütter mit kleinen Kindern – diesen Fernsehabend als eine gute Idee empfanden und die Dosenananas öffneten – und damit Generationen prägten.
Mich auch. Ich sehe meine Oma, wie sie uns Toast Hawaii macht. Als Kinder, wenn wir bei ihr waren und sie auf uns aufgepasst hat. Und ich so viel davon gegessen habe, dass mir schlecht wurde. Sonst haben wir Ananas für kein Gericht verwendet. Ananas wurde nur auf Toast gelegt.
Der Artikel zum Geburtstag hat mich so überrascht, dass ich ihm hier auf dem Blog ein wenig Raum geben wollte – und dem Toast Hawaii. Denn der Gedanke, dass es sich hierbei um ein Gericht handelt, dass nicht regional geprägt ist wie viele deutsche Gerichte, hat mich schon beschäftigt. Und auch, dass er bei vielen Menschen tatsächlich Gefühle auslöst, denn die meisten verbinden damit doch ihre Kindheit.
Ist das bei euch auch so? Ist der Toast Hawaii tatsächlich ein kulturgeschichtlicher Höhepunkt? Ein Massenphänomen? Eine Erinnerung?
Bildquelle: Pixabay
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4 Comments
Hana Mond
16. Dezember 2015 at 09:31Ich mag keine (Dosen-)Ananas … daher lässt mich Toast Hawaii völlig kalt 😀 In unserer Familie gabs das nie, ich kenne das Gericht nur von Speisekarten.
Roxy | early birdy
16. Dezember 2015 at 09:55Toast Hawaii! Hab ich als Kind geliebt! Ich glaube ich würde es auch heute noch mögen. Eigentlich kannst du mich mit Ananas in Speisen jagen (Pizza Hawaii: bäh, Curry mit Ananas: pfui…), aber Toast Hawaii ist suuuuper! War auch meine Pma, die mir das gemacht hat. Kleiner Spazialtipp von einem früheren Kumpel (klingt komisch, schmeckt aber lecker): den Toast vor dem Belegen mit einem ganz kleinen bisschen scharfem Senf bestreichen!
uli
16. Dezember 2015 at 12:08Ich mag die Kombi von fruchtig und deftig überhaupt nicht – also Toast Hawaii pfui, das hat meine Mama allerdings vorzugsweise Freitag Abend nicht abgehalten, für mich war’s halt ohne Hawaii 😉 Trotzdem alles Gute zum Geburtstag 😉
Alexandra
16. Dezember 2015 at 15:21Toast Hawaii gibt es auch jetzt noch regelmäßig. Aber ich habe festgestellt, jede Familie macht ihn etwas anders.
Meine: Toast & Leberkäse & Ananas & Käse & Spiegelei
Was soll bitte die Cocktailkirsche da oben drauf? Das passt ja mal gar nicht 😀