Nun sind wir weg. Weg aus München, raus aus der Wohnung. Der Abschied war kurz. Mit sonnigem Wetter die Straße entlanggefahren und abgebogen. Mein Kiez mit der Stadtbibliothek und dem Verkehrsmuseum, der Westpark und der Grieche um die Ecke. Ich kannte die Menschen hier. Die Zufälligen. Und man hat mich gegrüßt, ein Pläuschchen gehalten, die Kinder zusammen spielen lassen.
Ich mag München wirklich.
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Aber mein Herz weint nicht.
Die Anmeldung in Bad Tölz hat genau 10 Minuten gedauert. Da lacht man als Münchner bisschen, wenn man sich erinnert, dass man für die Abholung eines Reisepasses gerne mal einen Vormittag einplanen musste. Die Beamtin gibt mir eine Einladung. Für Neubürger eine Brotzeit, sagt sie.
Bei der Stadtbibliothek München habe ich noch Schulden, ich schreibe eine Mail und bekomme keine Antwort. Ich rufe an und die Frau am Ende der Leitung lacht und sagt, dass mir bestimmt bald die Decke in Bad Tölz auf den Kopf fällen würde und ich dann schon wieder herkommen könne, um die Kosten auszugleichen. Na, wenn sie meint. In Bad Tölz habe ich auch als erstes einen Ausweis für die Bibliothek machen lassen. Ich suche den automatischen Bücherzurückgebekasten. Die Bibliothekarin schaut mich irritiert an. Sie leihen die Bücher hier bei mir aus. Wie, per Hand? So mit Personal? Krass. Wie beschaulich.
München wäre mir ja zu hektisch, sagt eine Freundin vom Land. Hektisch? München ist nicht hektisch. München ist bio, business und big. Und zwar so big, dass man als Münchner auch selten sein Stadtviertel verlässt. Hier fahren die Menschen kreuz und quer. 30 km für ein Abendessen? No problem.
Man sieht aber irgendwie, dass du aus München bist. Ehrlich? Vielleicht. Ich bin die einzige Mutter, die ihre Kinder hier mit dem Fahrradanhänger durch die Gegend fährt. Alle anderen nehmen das Auto. Ok, Bad Tölz ist in den Bergen und ich habe mein Fahrrad gegen das alte Mountainbike meines Vaters getauscht, aber ich seh nicht ein, warum ich die 500 m mit dem Auto fahren sollte. Das mach ich dann, wenn es schneit. Wenn überhaupt. Die Fußgängerzone ist steil und die Caféhauskellner lächeln mich bisschen bescheuert an, wenn ich den Fahrradanhänger samt Fahrrad hinaufschiebe. Diese bekloppten Touristinnen, sehe ich in ihren Augen.
Meine Kinder werfen Steine in die Isar und um uns herum ist eine Mischung aus Tagestouristen und den Flüchtlinge aus dem nahem Heim. Der Unterschied ist nicht auszumachen. Ich weiß nicht, wen ich ansprechen soll und bleibe für mich. An einem Ort anzukommen dauert seine Zeit und ich vermisse die Pläuschchens am Wegesrand.
Aber das war nicht München, das war ich. München ist eine Stadt aus Steinen, mit Preisen in den Himmel und kaum Platz für Kinder. Bad Tölz ist auch nur aus Steinen gebaut.
Also wird das kommen, sage ich mir.
3 Comments
Penelope
24. August 2015 at 23:06Ach, das erinnert mich so an meinen Auszug aus München :-). Das ist jetzt zwei Jahre her und ich kann sagen, über kurz oder lang gewöhnt man sich an sogar an die frühen Ladenschlusszeiten ;-). Der Mangel an Biergärten und DM-Märkten macht mich bis heute noch ein wenig traurig genauso wie die eingeschränkte Auswahl im Bereich des kulinarischen Lieferservice. Ansonsten habe ich alte Zufallsbekanntschaft gegen neue getauscht. Kurze Anfahrtswege gegen lange … dreißig Kilometer sind hier ein Katzensprung, im Vergleich würde ich sagen, ungefähr so weit wie vom Marienplatz nach Thalkirchen ;-). Man fährt selbst Kurzstrecken mit dem Auto, weil die Parkplatzsuche absolut kein Problem darstellt … Das Leben kann sich in der Stadt und auf dem Land von der langweilen oder der hektischen Seite zeigen. Natürlich hat die Stadtbibliothek München vermutlich größere finanzielle Mittel um seinen Nutzern eine riesige Auswahl zu bieten und für die Ladenbesitzer in München rechnet es sich nicht nur wegen mir täglich bis 20:00 Uhr geöffnet zu haben genauso wie der Sushi-Lieferant auf den Land mit mir und einer Handvoll anderer Kunden nicht überleben kann … nur eins ist sicher, auf dem Land gibt’s noch bezahlbaren Wohnraum und mit Kindern ist es einfach wunderbar wenn man sich einen Garten und ausreichend Stauraum leisten kann ;-).
Sarah Maria
25. August 2015 at 09:55Hahaa. Ja. Das kenne ich gut: Hier bei uns im Viertel kenne ich auch viele mit Handschlag – während ich kaum die „wichtigsten“ Cafés gegenüber auf der anderen Weserseite kenne. 😉 Deswegen haben der Mann und ich auch für unseren Umzug so lange und intensiv eine Wohnung gesucht, die zwar größer ist, aber bitte genau hier. Das hat auch geklappt: Wir ziehen genau eine Haltestelle weiter. ;))
Für Bad Tölz drücke ich dir die Daumen, dass du schnell viele Menschen zum Plauschen findest. Vielleicht ja auf deinen Verschnaufpausen mit dem Rad oben auf dem Berg. 🙂
Liebe Grüße,
Sarah
Larissa//No Robots Magazine
31. August 2015 at 15:51Ich war einmal in Bad Tölz. War schön. Nur etwas viele Wander- und Trachtenläden. 😉 Trotzdem ist mir mein München noch zu lieb um aufs Land zu ziehen. Aber ich habe ja auch keine Familie da.
Ich wünsche euch alles Gute für den Neuanfang! Vielleicht kommt ihr uns ja mal besuchen, wenn ihr in der Stadt seid. 🙂