Diese Woche habe ich ein echt gutes Buch gelesen und sinniere noch ein wenig über die Geschichte zu meinem Samstagskaffee.
Eine Stelle daraus hat es mir besonders angetan.
*Jeder Mensch trägt in sich ein Motiv, ein Thema, dass die Partitur und Melodie seines Lebens prägt.
Meistens ist es so, dass dieses Motiv stark verwoben ist mit der Herkunft und sich dann über das gesamte Leben ausbreitet und stärker wird.
Man schafft es nicht, davon loszukommen, ganz egal, wie sehr man sich bemüht, es zumindest blasser werden zu lassen. Manchen Menschen ist ihr Lebensthema durchaus bewusst, zumindest in gewissen Lebensphasen, manchen wiederum nicht, oft deshalb nicht, weil sie nicht in der Lage sind, es sich einzugestehen.
Und oft umspielt ein zweites Motiv das erste und gibt ihm die besondere, persönliche Note.*
Zitat: Taschler, Judith W: Die Deutschlehrerin, Büchergilde Gutenberg 2013, S. 157
Der Roman nennt einige Motive. Treue, Schwermut, Lebenstüchtigkeit, Eitelkeit.
Außerdem geht es sehr stark um die Reue. Die Reue, Dinge so gemacht zu haben wie man sie gemacht hat und den Wunsch, sich ein zweites Mal an der Stelle seines Lebens gänzlich anders zu entscheiden und dies nicht zu können. In vielen Blogs wird zu einem Aspekt der Reue, und zwar der, Mutter geworden zu sein mit dem Schlagwort regretting motherhood, in diesen Tagen heftig diskutiert.
Ich frage mich, was mein Thema ist, meine Melodie. Aber vielleicht bin ich mit dieser Lebensdebatte noch zu jung. Aber, keiner weiß ja, wann das eigene Leben oder das der anderen zu Ende ist und deswegen sind Gedanken, wie viel man vom Leben noch wirklich übrig hat, absurd an sich.
Mein Leben ist geprägt vom Alltag. Ich mag Alltägliches. Ich kenne mich gerne aus. Tage, an denen ich das Gefühl habe, viel geschafft zu haben, sind immer Tage, an denen ich viel von dem Wiederkehrenden geschafft habe. Wenn ich es hinkriege, dass irgendetwas zu meinem Alltag gehört (Ein Blog, ein Nähprojekt, eine Prüfungsvorbereitung, eine Fernsehsendung, eine Arbeitsstelle, täglich das Bett zu richten, Mittagessen kochen), dann spielt es mir mehr in die Hände als wie wenn ich an einem Tag irgendetwas Nicht-Alltägliches mache. (Wenn mir jemand gesagt hätte, dass ich einmal fast täglich um 12 Uhr ein warmes Mittagessen auf den Tisch stelle, dann hätte ich ihn ausgelacht. Mittagessen kochen gehörte lange nicht zu meinem Alltäglichen und es war eine große Herausforderung, wenn ich es aus irgendeinem Grund doch mal machen musste)
Ein Motiv ist als der Alltag, der Rhythmus.
Aber das ist ja irgendwie bei allen so, oder nicht?
Vielleicht ist es leichter, von anderen das eigene Lebensmotiv vorgesetzt zu bekommen. Vielleicht finden meine Kinder, wenn sie so alt sind wie ich heute und in ihrer eigenen Kindheit herumstochern, im Netz diesen Blog, völlig verschüttet, und stöbern darin wie ich gerne im Tagebuch meiner Mutter herumstöbern würde, wenn sie denn eines geschrieben hätte. Vielleicht rufen sie mich dann genau jetzt an und sagen mir mein Motiv, obwohl ich diesen Beitrag und dieses Zitat schon lange vergessen habe. Hoffentlich können sie mich anrufen.
4 Comments
Mila
18. April 2015 at 10:50Interessantes Thema. Ich glaube, um ein Lebensmotiv erkennen zu können, muss man schon ein paar Phasen im Leben durchgemacht haben. Und Mutter zu werden, das ist eine heftige Phase, im Positiven wie im Negativen. Mein Motiv ist mir erst durch die Auseinandersetzung mit meiner Mutter-Rolle richtig klar geworden. Und durch die Auseinandersetzung habe ich mich mit meinem Motiv versöhnen können, denn es prägt mich nun einmal so stark, dass ich ihm einfach nicht entgehen kann.
LG mila
Denise-diegutendinge
18. April 2015 at 13:11hach – die Büchergilde! ich bin auch Kundin! Die Deutschlehrerin habe ich noch nicht gelesen. Muss ich jetzt wohl. Mein Motiv aber habe ich noch nicht gefunden… Situationen und Momente anders machen zu wollen, das allerdings kenne ich. Kann man aber nicht! Das einzige, was man aus solchen Situationen ziehen kann, ist das Lernen für die Zukunft. .Denn meist wiederholen sich die Ereignisse auf die eine oder andere Weise .. herzliche Grüße Denise
Larissa//No Robots Magazine
18. April 2015 at 17:09Ich glaube nicht, dass Rhythmus und Alltag für jeden wichtig und bestimmend sind. Ich habe es auch gerne kontrolliert und alltäglich, aber vielleicht auch nicht ganz so sehr wie du. Ich würde es jedenfalls nicht unbedingt als mein Motiv bezeichnen. Das ist was anderes. Und ich weiß auch, was es ist. Man muss nur ein wenig in sich horchen.
Roxy | early birdy
21. April 2015 at 11:58Ich habe jetzt tatsächlich mehrere Tage darüber nachgedacht, was mein Motiv sein könnte. Bin mir immernoch nicht sicher…
Aber ich glaube, wenn man sein Motiv mal entdeckt hat, dann kann es durchaus zur Erleichterung des Lebens beitragen: man hat einen Weg und dadurch vielleicht auch ein Ziel. Ich denke noch ein bisschen darüber nach…