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Die Deutschlehrerin von Judith W. Taschler

Die Deutschlehrerin TaschlerManchmal muss es eben Literatur sein. So denke ich mir und füttere mich seit Jahren durch die Buchergilde Gutenberg. Die Idee entstand in der Arbeiterbewegung des letzten Jahrhunderts und wollte, dass man mit schmaleren Geldbeutel Zugang zu Bildung und Literatur erhält. Heute steht der Verlag eher für die feine Auswahl und für Buchdruckerkunst at its very best. Eine Mitgliedschaft ist kostenlos, es entsteht nur die Verpflichtung, alle drei Monate ein Verlagswerk zu kaufen. Bis jetzt habe ich vor allem das fette Bücherregal meiner Kinder aufgefüllt. Dieses Quartal bin ich wieder dran und griff nach einer wirklich schönen Ausgabe von Judith W. Taschlers Die Deutschlehrerin.

Ich bin ganz außer mir vor Begeisterung. Ich las dieses Buch wirklich sprichwörtlich in einem Atemzug durch.

Die Deutschlehrerin beginnt mit Emails zwischen Mathilda und Xaver. Sie ist besagte Lehrerin und er ist ein bekannter Jugendschriftsteller. Sie werden zusammen eine Schreibwerkstatt an Mathildas Schule leiten. Doch es ist auch das Wiedersehen einer alten Liebe. Mathilda und Xaver verbrachten ihre *besten Jahre* miteinander. Doch auch das ist schon fast zwei Jahrzehnte her, denn er hat sie verlassen. Von einem Tag auf den anderen.

Ich öffnete die Tür und sah sofort, dass etwas nicht stimmte. In der ersten Sekunde wußte ich nicht, was es war, aber dann viel es mir auf: Der Gang wirkte viel leerer als sonst

(Seite 14)

Nach all den Jahren erzählen sich Mathilda und Xaver Geschichten. Geschichten über ihre Trennung, Geschichten über ihre Kindheit, Geschichten über alles, was danach passierte.

Und hier fängt es an, dass der schwermütige Liebesroman zu einem gemeinen Thriller wird, der auch in der Kategorie Krimi ausgezeichnet wurde.

Denn Mathilda wünscht sich ein Kind, doch Xaver verwehrt ihr mit aller Macht das kleinbürgerliche Lebensglück, geht aber kurz nach der Trennung zu einer prominenten Frau und der gemeinsame Sohn wird binnen Jahresfrist geboren.

Doch der Sohn wird entführt und man erkennt in den Geschichten zwischen Xaver und Mathilda bald nicht mehr, wer jetzt etwas mit dem Verschwinden zu tun hat.

Mathilda und Xaver reden sich in Lügen hinein, erfinden Lebenslinien und treffen die Wahrheit in ihrer Fantasie scheinbar doch genau.

Ich rief einige Male bei dem Buch: Erschieß ihn, Mathilda, erschieß ihn einfach.

Dann wollte ich, dass er sie erwürgt.

Und am Ende entlässt mich die Geschichte tatsächlich am Ende.

Doch gute Geschichten können alle Tage erzählt werden und das ist eine gute Geschichte. Wirklich zu Literatur wird es für mich bei der Sprache. Die Sprache des kleinen Romans ist weder zu intellektuellschwer noch zu kleinpoppig, sie ist einfach gut. Eine Sprache, die Lust auf das Lesen macht.

Ich scheue mich ein bisschen davor, das kleine Buch jetzt in mein Bücherregal zu stellen, das ich eh auflösen möchte. Ich würde es gerne verschenken an jemanden, der es wirklich zu lesen gedenkt. Wem soll ich es schicken? Soll ich es jemandem schicken?

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3 Comments

  • Hana Mond
    17. April 2015 at 08:07

    Das klingt toll, wie du darüber schreibst – liegt völlig außerhalb meiner Komfortzone, was Bücher angeht (ich lese sonst weder Liebesromane noch Thriller noch Krimis, sondern bin bei Dystopien, SciFi/Fantasy und Büchern über fremde Länder beheimatet). Aber nach deiner Rezension bin ich richtig neugierig auf das Buch und möchte es unbedingt lesen 😀

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    • fadenvogel
      17. April 2015 at 08:48

      Klar, schicke ich dir gerne. Ich bin im Land deines Bücherregals eine Nachbarin. Ich steh ja auch da drauf, wie du weißt. Übrigens: Danke, dass du mir schon so lange treu bist. Mail mit Wunschadresse an info@fadenvogel.de … Werde wahrscheinlich Montag dazu kommen, es loszuschicken.

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  • […] Woche habe ich ein echt gutes Buch gelesen und sinniere noch ein wenig über die Geschichte zu meinem […]

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