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Erzähl mir von…deinen Träumen als Teenager

Alle wollen vorwärts kommen. Zukunft, Kind, Karriereplan. Immer geht es um das Morgen. Aber wie war dein Leben denn, als du ein Kind warst? Wie war es denn als Teenager? Erzähl mal.

Larissa vom No Robots Magazine, Roxana vom early birdy und Sabine vom fadenvogel tauschen jeden ersten Sonntag im Monat Erinnerungsstücke aus. Ein Thema – drei unterschiedliche Texte, drei unterschiedliche Frauen, drei unterschiedliche Leben.

Diesmal hat Roxana nach unseren Träumen gefragt. Was wünschten wir uns, als wir noch halbe Kinder waren. Welcher Traum ging in Erfüllung, welcher zerplatzte?

Ich war als Teenager immer *Alles oder Nichts*, wobei *Alles* mit so einem absurden Perfektionismus gleichgesetzt wurde, dass es meistens das *Nichts* war. Ich wollte einen Menschen immer mit Haut und Haar, ich verstand Freundschaften nicht, die sich nur aus Teilen zusammensetzte, ich konnte nicht glauben, dass irgendjemand seinen Mund zu einem Thema aufmachte, der nicht jedes Wort darüber gelesen und gehört hatte. Ich war deswegen aber nicht leise, sondern eher laut. Suchte verzweifelt nach Gleichgesinnten, verliebte mich und verließ auch wieder. Ich war rastlos und planlos. Und einen großen Traum, den hatte ich nicht. Eine Freundin hatte sich für eine Ausbildung bei der Stadt verpflichtet. Damit hatte sie auch einen Vertrag, der sie bis zu ihrem 28. Lebensjahr an diesen Arbeitsplatz band. Eine Horrorvorstellung. 28! Einen Plan bis 28! Schlimm so was. Ich wollte nie sagen müssen, was ich nächstes Jahr den vor hatte.

Dabei kann ich mich an einem Sonnentag im Hinterhof meiner damals besten Freundin entsinnen. Jene, die sich für diese Ausbildung bei der Stadt entschied. Wir waren 17 oder 18 Jahre alt. Es war eigentlich der Hinterhof ihrer Oma. Manchmal aßen wir bei ihr und streichelten die Katzen. Wie dem auch sei, wir beide saßen da an diesem provisorischem Giesinger Spielplatz herum und sonnten uns. Da war es das erste Mal, dass wir uns über Kinder unterhielten. Unsere Kinder. Manche Mädchen wissen ja schon die Namen ihrer Kinder, bevor sie den Vater kennen lernen. Ich wußte solche Dinge nicht. Ein abstraktes Thema unter Jungfrauen, würde ich sagen. Aber ich wußte etwas anderes. Ich kann mich erinnern, dass ich damals so etwas sagte wie: Ich könnte mir vorstellen, jetzt ein Kind zu haben. Sie sprang auf, sagte etwas über Karriere und Studium. Nannte mich altmodisch und naiv. Ich habe aber da gar nicht darüber gestritten. Ich nickte bloß und sah in die Sonne. Ich hatte so ein komisches Ziehen in meinem Herzen und wußte, dass ich etwas über mich herausgefunden hatte, was wirklich tatsächlich war. Etwas, dass bleibt. Und ich hatte es laut ausgesprochen. Ich wünschte mir Kinder.

Es sind Jahre vergangen dazwischen. Partyjahre, Lehrjahre, Studiumsjahre, Arbeitsjahre. Ich bin keine Teenager-Mutter geworden. Das ist weder gut noch schlecht. Es ist so wie es ist.

Heute muss ich darüber nachdenken, welcher Traum denn zerplatz ist. Wobei die meisten meiner Träume eher Seifenblasen waren. Tagträume. Keine Pläne.

Als Teenager hielt ich mich immer für bisschen dumm. Nein, nicht dumm. Eher ungebildet. Ich habe sehr viel Zeit in meine Bildung investiert. Bücher gelesen, studiert. Ich war immer ein bisschen neidisch auf meine Freundinnen, die aus Lehrerhaushalten kamen oder auch Professorentöchter waren. Das hat mich fasziniert. Wenn jemand über Literatur sprach und Allgemeinplätze zitieren konnte. Ich wollte immer dort hin kommen, wo die Menschen gebildet und klug sind. Ich habe diese begriffe gleichgesetzt. Das ist der zerplatzte Teenagertraum.

Als ich in meinem Hauptfach mein Studium mit 1,0 beendete und mein Professor mich bat, eine Zeit lang für ihn zu arbeiten, da dachte ich, ich hätte es endlich geschafft. Ich wäre im Reich der Vorträgehalter und der Weinliebhaber.

Doch die Universität ist ein schrecklicher Ort. Arschkriecherei und weltfremde Freaks, schlecht bezahlte Jobs und endlose Diskussion über nix. Ich saß in einem kleinem Eckzimmer und habe meinen Nerd-Kollegen dabei beobachtet, wie er regelmäßig meine Kaffeemilch klaute ohne mich morgens zu begrüßen. Da wurde mir klar, dass ich auf dem falschen Weg bin. Ich treffe unter den Hypergebildeten keine klugen Leute. Vielleicht ein Mal, aber Bildung heißt nicht, dass jemand klug ist. Also, meine Definition von Klugheit.

Heute schaue ich auf andere Sachen. Welche Ausbildung jemand hat, interessiert mich dabei wenig. Letztens hat die afghanische Mutter es nicht mitbekommen, dass die Kinder um 8.15 mit dem Bus zum Marionettentheater gefahren werden. Sie kam mit ihrem Kind zu spät. Sie hat kein Auto und stand bisschen begossen vor der Kindergartentür. Die anderen Mütter unterhielten sich noch kurz draußen und beobachteten, ob sie ihr Kind denn in der Krippe abgeben kann, aber sie kam mit ihm wieder raus und zuckte mit den Schultern. Meine Freundin hat sie angesprochen und sie kurzerhand in ihr Auto gepackt und das Kind und sie zum Theater gefahren. Das fasziniert mich. Die Nicht-Gaffer. Die, die handeln. Zugegeben, ich bin nicht auf die Idee gekommen, ihr Problem zu meinem Problem zu machen. Ich stand daneben. Wenn man das so erzählt, scheint es ganz einfach, aber in dem Moment zu schalten und die Möglichkeiten zu sehen, dass ist die Klugheit, die ich heute meine.

 

Bildnachweis: Foto aus dem Garten der Geburtsklinik meiner Kinder,

Clown von pixabay.de

2 Comments

  • Larissa//No Robots Magazine
    4. September 2016 at 14:13

    Du warst Teenager in der Welt, von der ich als Teenager geträumt habe. 🙂

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  • Roxy
    4. September 2016 at 16:43

    Schöner Text. Du warst ein bisschen so, wie ich als Teenager immer sein wollte: verwegen, belesen, clever…

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