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Erzähl mir von….deinem Lieblingslehrer

Alle wollen vorwärts kommen. Zukunft, Kind, Karriereplan. Immer geht es um das Morgen. Aber wie war dein Leben denn, als du ein Kind warst? Wie war es denn als Teenager? Erzähl mal.

Larissa vom No Robots Magazine, Roxana vom early birdy und Sabine vom fadenvogel tauschen jeden ersten Sonntag im Monat Erinnerungsstücke aus. Ein Thema – drei unterschiedliche Texte, drei unterschiedliche Frauen, drei unterschiedliche Leben.

Manchmal tauchen hier so Themen auf, über die ich mir seit Jahren keine Gedanken mehr gemacht habe. Wie das von Roxana für diesen Sonntag. Lieblingslehrer – keine Ahnung. Ich hatte mal eine verrückte Englischlehrerin, die erkannte, dass ich gerne in der modernen englischen Literatur herumlese und das ganz großartig fand. Sie brachte mir ein Buch mit und ich habe es nie zurückgegeben. Ich Arschlochkind.

Den einzigen Lehrer, den ich nach meinem Abitur wiedergesehen habe, war mein alter Sozialkunde- und Geschichtslehrer. Ich kann schon sagen, dass er mich wesentlich beeinflusst hat. Wir hatten jetzt keine stundenlangen Diskussionen, aber manchmal habe ich ihn Sachen gefragt, die heutzutage Teenager wohl im Internet nachlesen würden. Damals hatte ich aber noch kein Internet und wenn ich was wissen wollte zu einem Ereignis oder einer Person, dann hat er mir geantwortet. Wir mochten uns.

Später hat er mir bei meiner ersten Uni-Hausarbeit geholfen. Wir trafen uns beim Italiener und es war ein sehr väterliches Gespräch über diese Hausarbeit. Ich hatte gemerkt, dass er es mochte, dass ich ihn so zu Rate zog.

Ich würde jetzt gerne erzählen, dass diese erste Hausarbeit der Wahnsinnserfolg für mich geworden wär. Aber dem ist ned so gewesen. Diese Hausarbeit führte zu einem Gespräch mit der Assistentin des Professors. Zerrissen ist ein nettes Wort für das, was sie davon hielt. Völlig durchgefallen. Sie hat mir nahegelegt, dass ich mich umorientieren sollte. Vielleicht wäre dieses Studium mental zu viel für mich.

Danach saß ich auf der Treppe und habe geheult. Ich habe meinem Lehrer die Hausarbeit zurückgebracht und er hat nichts mehr dazu gemeint. Er verstehe es auch nicht. Wir haben danach nicht mehr miteinander geredet. Vielleicht war es ihm zu peinlich. Heute glaube ich das. Als ich ein teenager war, träumte er bereits von der Pension und ich denke, diese Hausarbeit, die an der Uni gescheitert ist, war für ihn ein Dämpfer. Ganz ehrlich gesagt, war ich auch bisschen sauer. Nicht auf ihn persönlich, mehr so auf die Gesamtsituation. Zuerst habe ich die Arbeit wegen seinen Tipps völlig umgestellt und dann habe ich sie nochmal schreiben müssen wegen der Assistentin. Wenn ich das so schreibe, dann war es genau richtig. danach habe ich fachlich immer nur meinen eigenen Stiefel gemacht und habe unglaublich an Selbstbewusstsein dazu gewonnen. Jetzt erst recht, das war meine Antwort.

Vielleicht hätte es ihn gefreut, wenn er erfahren hätte, dass ich am Ende meines Studiums, das ich im Hauptfach mit 1,0 abschloss, den Job jener Assistentin bekommen habe. Natürlich auch, weil Mittel übrig waren und natürlich auch, weil mein Professor mich mochte und ich grad da war. An der Uni hat viel mit Glück und wenig mit Können zu tun. Aber trotzdem.

Als statt ihrem Namen mein Name an jener Tür stand, da war ich mit jener Hausarbeit wieder ausgesöhnt. Und am Ende haben wir gelacht über jenes erste Gespräch zwischen uns beiden. Sie war noch einige Zeit da und wir hatten eine Art Betriebsausflug zusammen. Und auf jener Wanderung, als wir so herzlich über meine Erinnerung lachten und an ihr *mental überfodert* und so dachten, da habe ich am Ende gemerkt, so aus dem Augenwinkel, dass es ihr jetzt peinlich war. So schlecht war die Arbeit vielleicht nicht, meinte sie dann so ins Blaue. Ich nickte. Und sagte was über das Wetter.

3 Comments

  • Larissa//No Robots Magazine
    4. Dezember 2016 at 10:50

    Ui, eine erste Hausarbeit so zu zerreißen ist aber auch hart! 😮 Ich weiß noch, dass meine Professorin damals anfing, meine Hausarbeit zu zerreißen und als ich kleinlaut eingestand, dass es meine erste war, sagte sie nur: „Ach, na dafür war es doch okay!“ So sollte es auch sein, finde ich.

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  • Hadassa
    4. Dezember 2016 at 11:27

    Jetzt muss ich dir doch mal sagen, dass ich eure Erinnerungsserie wirklich spannend finde. Ich hatte eine Zeitlang mal was ähnliches versucht, aber irgendwie haben mir oft die Themenimpulse gefehlt. Aber über meine wundervolle Ivrit-Lehrerin habe ich mal geschrieben, hier:

    http://fragmentage.blogspot.co.il/2014/07/donnerstagserinnerung-ulpan-aleph-und.html

    VG,
    Hadassa

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    • fadenvogel
      5. Dezember 2016 at 15:37

      Danke, dass du unsere Serie so gerne verfolgst. Du kannst natürlich Themen aufgreifen. Ich finde es auch immer spannend, was die beiden anderen so für Fragen haben. Gemeinsam ist es immer leichter, Themen zu suchen und zu finden.

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