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Samstagskaffee 

Heute ist Backtag. Brotbacktag. In meinem Kühlschrank lebt ein Sauerteig. Diese Sauerteig ist wie der Atem dieses Hauses.

Es ist 10:00 Uhr morgens und ich bin sehr müde. Wir waren heute schon beim Friseur wegen der Jungs und haben Fleisch beim Metzger des Ortes gekauft. Mein Mann ist nach dem Frisörtermin in die Arbeit gefahren und die Kinder packen ihr Gästegeschenk von einem Kindergeburtstag aus.

Ich trinke Tee und diktiere diesen Artikel meinem Handy, während ich die Hand meines Babys halte und er mich angeguckt als würde ich ihm diese Geschichte erzählen.  Mein Baby ist auch sehr müde. Er mag aber nicht so gerne einschlafen, deswegen sitze ich hier, trinke Tee und rede.

Ein Brot zu backen dauert drei Tage.

Am ersten Tag hole ich einen Teil des Sauerteiges aus dem Kühlschrank und lasse ihn draußen stehen. Ich gebe ihm ein bisschen Mehl und ein bisschen Wasser und hoffe, dass er sich vom Kühlschrank erholt.

Am zweiten Tag gebe ich ein Teil des Sauerteig es in den Vorteig. Diesen lasse ich wieder den ganzen Tag stehen.

Und heute, am dritten Tag, gebe ich den Vorteig zu dem Hauptteil und knete ihn, lasse ihn wieder für ein oder 2 Stunden stehen und knete ihn wieder und lasse ihn wieder stehen. Brot backen hat nur etwas mit Zeit und Geduld zu tun. Die Zutaten sind Wasser, Mehl, Salz und Zeit.

Das hört sich so ermüdend an, dass mein Baby jetzt eingeschlafen ist.

Zeit ist sowieso so ein Thema. Zeit verwandelt Mehl in Brot. Zeit verändert Menschen. Zeit verändert Beziehungen. Zeit macht viele Dinge besser. Hat man mehr Zeit, wird es halt ordentlich.

Manchmal ermüdet mich die Zeit auch. Wenn Sachen so festgefahren scheinen und es sich eben nicht verbessert, sondern immer weiter verhärtet.

Ich bin mit einem Verwandten gerade im Streit und die Zeit, die alle Wunden heilen sollte, macht es nur immer schwieriger. Da wird kein Brot mehr gebacken werden. Da fragt man sich manchmal, wo der Anfang ist und wo das Ende.

Ich frage mich, was so die schlimmsten Dinge sind, die man mir sagen könnte. ich frage mich auch, ob man die schlimmen Dinge mit der Zeit eher vergisst oder ob es die guten sind, die man eher zur Seite schiebt. Oder ob dazu nicht auch Wille gehört. Möchte man eben die guten Dinge vergessen oder die schlechten?

Ich vergesse die schlechten Dinge immer eher zuerst. Deswegen trauere ich auch so ewig alten Freundschaften hinterher oder bestimmten Zeiten. Ich bin kein nachtragender Mensch. Ich trage niemandem schlechte Gefühle hinterher. Ich denke immer, dass man aus Zeit Brot machen kann.

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