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Horror-Literatur: Bentley Little Haunted

Haunted_Cover.inddManchmal muss man sich an Neues wagen, auch bei seiner Bücherauswahl. Die Grenzen des eigenen Geschmacks testen, die Lesenden in einem anderen Haus besuchen. Ja, so habe ich dieses Mal, zum ersten Mal, nach einem Buch aus dem Genre Horror gegriffen.

Ich kenne mich in Wort und Bild nicht mit Horror aus. Ich kann die meisten Horrorfilme nicht aushalten und schaue sie daher auch nicht an. Manche Bilder gehen mir sehr lange nach und ich weiß noch, wie ich als Teenager Event Horizon gesehen habe. Ein prägendes Erlebnis, im negativem Sinne.

Kein Wunder also, dass ich mich auch lesend nie wirklich nahe an die Gänsehaut-Geschichten gewagt habe.

Nachdem ich aber dieses Jahr an einer Lesechallenge teilnehme, die von einer ausgepräten Horrosleserin ins Leben gerufen wurde: Here I am. Nackt, in Farbe und schlotternd.

Ich habe mir ein Buch von Bentley Little gegriffen. Bentley Little ist ein US-amerikanischer Schriftsteller, der die Aufmerksamkeit Stephen Kings auf sich zog, als er einen für die Horrorszene sehr wichtigen Preis gewonnen hat: Bram Stoker Award. Bram Stoker war ein irischer Schriftsteller, der Dracula geschrieben hat. Eine Figur, die wohl jeder kennt. (Vielleicht sollte ich das mal lesen…)

Bentley Little hat also mit einem Buch vor über 20 Jahren diesen wichtigen Preis gewonnen und schreibt jetzt Horrorliteratur im sonnigen Kalifornien vor sich hin.

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Coverbild mit freundlicher Genehmigung von VoodooPress

Haunted

Verfolgt, Heimgesucht, gequält, gehetzt, ruhelos – das Wort birgt viele Facetten und wurde wohl absichtlich nicht übersetzt.
Vielleicht hätte die Übersetzerin auch mehr Stellen einfach im Original stehen lassen sollen, denn es gibt Rechtschreibfehler und manchmal sieht der Satzbau und die Wortwahl a bisserl schräg aus. Hohe literarische Kunst? Ähhh, wohl eher nicht.

Die Geschichte beginnt bei einer netten Durchschnittsfamilie: Teenagersohn James , Teenagertochter Megan, Mama Claire ist Anwältin, Papa Julian arbeitet als Programmierer von zu Hause aus.

Sie alle ziehen in ein neues Haus in der netten Kleinstadt Jardine in New Mexico. Claire kommt aus der Gegend, Ihre Eltern wohnen auch in der Nähe. Julian mochte die Stadt zwar nie so wirklich, aber aus Liebe und aus Gleichgültigkeit macht er mit. Das neue Haus ist schön und groß. Und, der Horrorleser ahnt es wohl schon: sie sind nicht alleine dort. Das Cover lässt eine erste vorsichtige Ahnung zu.

In kurzen Kapitels erzählt Little immer aus der Perspektive eines anderen Familienmitgliedes den beginnenden alltäglichen Horror. Gesichter, die auftauchen und verschwinden; tote Pflanzen; Gegenstände, die nicht dort abgestellt wurden; Geflüster, Gezische, schlechte Gedanken….

*An dieser Stelle möchte ich mich persönlich an meine beiden Kleinkind-Söhne wenden, die ja jede Nacht in mein Bett gekrabbelt kommen: Es tut mir leid, dass ihr beim Lesen dieses Buches ab und zu schon vorher in mein Bett geholt wurdet. Als Beruhigung, als persönliche Leibwache, als meine Händchenhalter…Ich hoffe, es hat euch nichts ausgemacht und ich bedanke mich, dass ihr mich so tapfer durch den ersten Teil des Buches begleitet habe.*

Meine Gänsehaut verflog aber mit der Zeit und ich habe der Geschichte nicht mehr viel abgewinnen können. Zum Schluss gibt es zwar ein ungewöhnliches Ende, dass ich gelungen fand, aber ich hätte wohl lieber eine mehr persönlichere Geschichte und Aufklärung gehabt. (Okay, dieser Satz macht wohl nur Sinn für Leute, die das Buch auch gelesen haben. An diese gerichtet: You know what I mean?)

Insgesamt ist das aber ein echt guter Einstieg für mich in das Horror-Genre gewesen. Es kommt nicht viel Blut vor, es geht eher um Psycho-Gedanken, die aus dem Keller kriechen. Ein Gruselbuch, dass man dann aber auch schnell durchlesen sollte, sonst verfliegt der Horror, denke ich.

Zwei Nebensachen muss ich aber doch anmerken: In dieser Familie läuft ständig der Fernseher: wenn Besuch kommt, zum Frühstück, abends, immer. Ich habe in dieser Duchschnittsfamilie aus USA wohl auch nebenbei ein bisschen mehr mitgekriegt, als der Autor wohl beabsichtigte. Der ständige Fernsehkonsum war selbst für mich als alten TV-Junkie echt krass. Interessant. Interessant.

Des weiteren fand ich es großartig, mit welcher Selbstverständlichkeit die Frau Anwältin war. Es kam zwar ab und zu Haushaltsgeschichten vor, aber im Endeffekt war diese Familie sehr modern gehalten. Fand ich gut. Irgendwie. Emanzipation findet vor allem in den Nebensächlichkeiten statt. Wenn ein Buch aus dem Bereich Horror, das in keiner Weise einen emanzipatorischen Anspruch hat, so nebenbei eine Familie entwirft, die NICHT so läuft, dass die Frau nur so Sekretärin oder so was ist, sondern Anwältin und der Mann eher das Home-Office hat…. Find ich toll. Gegen Ende kommen aber dann doch die alten Strukturen von Männerbildern und Frauenbilder durch. aber man sollte mal das Auge auf das Positive richten.

In diesem Sinne beende ich diese Rezension mit einer Leseempfehlung und schwanke mit meiner Beurteilung zwischen Punkt

2. Horror pur – Lese ein Buch, das dich so richtig schön mit ängstlicher Gänsehaut versorgt.

und

7. Inside out – Lese ein Buch, dessen Cover den Inhalt perfekt widerspiegelt.

Ich entscheide mich dennoch für Punkt 2, da ich gerade zu Beginn des Buches in der ersten Hälfte mich a weng gegruselt habe…okay, ich habe mich gegruselt…

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