Menu

Unter Frauen: Teure Nähmaschinen

Nähen_AngebereiIch blättere durch einschlägige Nähzeitschriften. Ein bisschen muss ich schmunzeln, denn die Sachen in Zeitschriften sehen immer so easypeasy aus, mit den perfekten Nähten. In den Beschreibungen wird dann vorsichtig auf spezielle Maschinen wie eine Overlock hingewiesen, aber im Prinzip kann man das alles natürlich auch mit einem elastischen Zickzackstich der Nähmaschine nähen. Theoretisch möglich, aber das Ergebnis wird nie nie so perfekt aussehen wie das Beispielsbild. Da wurden auch noch andere Maschinentypen zusätzlich herangezogen. Ich erkenne es an Stichen, die man so nicht hinkriegt. Eine Augenwischerei.

Aber die Herausgeber dieser Zeitschriften kennen ihr Publikum. Sie wissen ganz genau, dass es hauptsächlich Frauen sind, die diese Sachen nachnähen. Was wäre, wenn da stehen würde, dass man dieses Modell mit 3 verschiedenen Maschinentypen genäht hat, die alle mindestens bei 1000 € Verkaufspreis anfangen? Das würde beim Zielpublikum gar nicht gut ankommen, denn die meisten Frauen, die ich kenne, nähen mit nur einer Maschine, die meistens alt und vererbt oder neu und preisgünstig ist.

Klar, wer zu nähen anfängt, der benutzt keine teure neue Maschine. Ich selbst habe gut 5 Jahre mit einem vererbten Modell ganz gut gelebt, aber ich versuche mich mit einem Beispiel.

Stellt euch vor, das Nähen ist ein Berg und die Nähmaschine euer Mountainbike. Jetzt kommt ihr mit dem alten Fahrrad eurer Oma daher. Das kann ein Kraftaufwand werden. Manche Projekte sind auch eher kleine Hügel, aber wer mal echt in die Höhe will, der schafft das ohne richtiges Mountainbike nun mal nicht. Da hilft auch die beste Körperliche Fitness nichts mehr. Das Ding wird zusammenbrechen.(Nicht alle Oma-Fahrräder. Es gibt jene Glücklichen, die diese alten schweren Industriemaschinen geerbt bekommen und nur gerade oder Zickzack nähen können, aber dafür schnurrt dir das Ding selbst durch mehrere Stofflagen problemlos.) Das ist aber eher selten.Meistens ist es ein elegantes Stadtfahrrad mit einem Hauch Vintage. No chance to reach that mountain.

Aber die Frauen, die ich kenne, die zweifeln dann eher an ihrer Fitness. Ich kann nicht so gut nähen. 

Ich frage mich dann, wenn ich mir das alte klapprige Omafahrrad ansehe und das Zugspitzen-Nähprojekt, ob das echt ihr Ernst ist.

Unter Frauen ist es aber auch unschicklich, auf das verwendete Material hinzuweisen. Du wirst das auch nie nähen können, aber das hat nichts mit deinem persönlichen Können zu tun, sondern damit, in eine bessere Maschine zu investieren. NO GO. Geht mal gar nicht. Bei den nähenden Frauen kommt es nämlich auch darauf an, ob sich das alles lohnt. Da werden dann die Preise der industriell hergestellten Waren verglichen mit dem, was man so verbraucht, um etwas Ähnliches herzustellen. Irgendwie ist das Ziel nämlich, dass man beim Nähen weniger verbraucht. Dazu gehört Maschine, Stoff und Garn. Ihr wisst schon, unter welchen Umständen diese Shirts hergestellt werden?

Ein T-Shrit zu nähen, bei dem man einen Stoff verbraucht, der im laufenden Meter über 15 € kostet und dann dazu Maschinen verwendet, die teuer sind, da schütteln die meisten Frauen verständnislos den Kopf. Das lohnt sich doch nicht.

Kosten/Nutzen-Rechnungen sind beim Nähen äußerst bedeutsam. So, als ob man das nicht nur zum Spaß machen darf.

Ich frage mich, ob das auch so ein großes Thema wäre, wenn Nähen kein weiblich dominiertes Hobby wäre, sondern ein männlich dominiertes.

Ich überlege, ob ich ein Hobby kenne, dass bereits männlich dominiert ist und bei dem ich den Habitus dazu irgendwie kenne. Ich weiß, was für teuren Scheiß mein eigener Mann machmal anschleppt. Supergeile Bohrmaschine. Er hat dazu einen Handwerker ausgefragt, welche Marke denn nun die beste wäre. Seinen Schatz hat er dann stolz herumgezeigt. Anerkennendes Nicken war die meiste Antwort. Ich frage ihn dazu aus. Es guckt ein bisschen irritiert. Nein, eine geile Bohrmaschine heißt unter Männern eher, dass man ein Macher ist. Völlig egal, ob man auch tatsächlich was macht.

Ich erinnere mich an verschiedene Grillparties diesen Sommer über und die Gruppe Männer, die bewundernd vor dem einen oder anderen Grill stand.

Kaffeemaschinen! Ja, Kaffeemaschinen werden mir auch meist voller Stolz von Männern präsentiert. Dreifachschaum, Bohnenfach, Tassenvorwärmer. Die dazu gehörende Ehefrau rollt belustigt mit den Augen.

Flachbildschrime, Computerkram, Soundanlagen. Ok, ich höre auf.

Ich glaube, wenn Nähen ein männlich dominiertes Hobby wäre, so würden mir wohl in den von mir besuchten Nähkursen blinzelnd teure Maschinen entgegengrinsen. Schneider würden ausgefragt, welche die beste Maschine auf dem Markt sei und vielleicht würden in diesen Nähzeitschriften stehen, welche Naht tatsächlich mit welchem Maschinentyp genäht wurde.

Bei dem Text komme ich mir vor wie eine Verräterin. Eine Angeberin mit teuren Maschinen zu Hause, die auf Frauen herabblickt, die sich nicht das geeignete Material leisten können. Aber ich will gar nicht, dass es sich so anhört,aber ich weiß auch nicht, wie ich es anders sagen soll. Ich bin halt eine Frau. Ich komme nicht raus aus meiner Haut. Ich denke auch an die Kosten/Nutzen-Rechnung beim Nähen. Gleichzeitig denke ich, dass die Frauen mit den Kaffeemaschinen, den Flachbildschirmen, den teuren Bohrmaschinen schon auch die Asche für Maschinen hätten. Aber man will das gar nicht. Der Habitus unter den Nähenden ist stark. Was geht und was nicht geht. Männer mit teuren Bohrmaschinen sind die Macher. Frauen mit teuren Nähmaschinen sind halt die Angeberinnen, völlig egal, ob sie berufstätig sind und sich den teuren Scheiß selber kaufen können. Bilder sind stark. Ich will aber, dass Frauen einfach mal sagen, dass sich der ganze Nähkram nicht zu lohnen braucht. Dass es einfach Spaß macht. Dass man sich eine einfache Maschine gekauft hat, um damit in der Landschaft herumzuradeln. Dass man auf die Zugspitze möchte und deswegen eine teure Maschine gekauft hat. Und in der Gruppe der umstehenden Frauen kommt dann nur wohlwollendes Nicken. Eine Macherin. Toll.

Versteht irgendjemand, was ich meine?

7 Comments

  • Nria
    5. Oktober 2015 at 17:10

    Hm, ich lese wohl zuviel in Nähforen, in denen ständig von den tollen neuen Nähmaschinen geschwärmt wird, die man sich grad so gekauft hat – der nähende Mann in meinem Umfeld dagegen kauft eher alte gebrauchte Maschinen, das gesparte Geld wird in Fotoequipment investiert (aber das ist super, da kann er mich in meinen Machwerken von meiner teureren Maschine fotografieren :D)
    Ich finde ja eher: Das Leben ist zu kurz für schlechtes Werkzeug. Wobei, wenn man nur ein-, zweimal im Jahr die Nähmaschine auspackt, kann ich auch verstehen, wenn man dann keine 800 € ausgeben will – meine Maschine, seit 8 Jahren im Dauereinsatz, war mir das aber wert. Ich krieg jedes Mal die Krise, wenn ich bei Freunden nähe und eine Discountermaschine vor mir habe, das ist ein himmelweiter Unterschied …
    Ist aber vielleicht auch eine Frage der Prioritäten: Ich habe ein Billighandy und mein Aldi-Laptop hat 10 Jahre gehalten, dafür war eben meine Nähmaschine teuer.

    Reply
  • carmen
    5. Oktober 2015 at 18:06

    Hallo!

    Ich arbeite auch mit einer geerbten/geborgten Nähmaschine – sicher schon an die 40 Jahre alt, aber nie kaputt. Meine Diskounter hat genau eine Naht mitgemacht und dann ist sie wieder verschwunden.

    Also bin ich jetzt einmal kurz eine Macherin:
    Welche könnt ihr mir denn empfehlen?
    Liebe Grüße
    Carmen

    Reply
    • fadenvogel
      5. Oktober 2015 at 19:16

      Mich juckt es ja in den Fingern, meine Nähmaschinen doch mal vorzustellen und die genähten Sachen in Zukunft mit mehr Informationen zur technischen Seite auszustatten….Eine Nähmaschine sollte gar nicht so viel Schnickschnack können….aber bei einer Overlock sollte man den Nerven zuliebe investieren..und wer sich die Nähte in Nähzeitschriften ansieht, entdeckt da auch eine Coverlock. Ich werde einen entsprechenden ausführlichen Artikel schreiben. Grüße

      Reply
  • Chaoskapitänin
    7. Oktober 2015 at 23:34

    Danke!!! Danke für diesen Artikel!!
    Ich nähe mit einer – wie sagt man dazu? – Mittelfeldmaschine wird es vlt treffen, die mir meine Mutter zur Hochzeit geschenkt hat. Ich habe damals wohl auch selber noch nicht geahnt dass ich ihr Hobby tatsächlich weiterführen werde. Und nun baue ich meine Kondition aus und auf, während die technischen Genzen irgendwie einfach nicht mitwachsen wollen…. 😉

    Reply
  • Roxy | early birdy
    8. Oktober 2015 at 11:02

    Ich denke schon dass der Preis auch was über die Qualität aussagt. Wenn man nur ab und an mal eine Hose kürzen oder einen Kissenbezug nähen will, tuts auch eine billige Maschine. Aber je weiter man sich dann vor traut mit seinen Näharbeiten, sollte man dann schon eine höhere Qualität wählen.
    Und ganz ehrlich: wer näht um Geld zu sparen, hat irgendwas nicht verstanden (nämlich, dass selbst nähen wie auch selbst stricken eher teurer ist als kaufen).
    Ich habe zum 16. Geburtstag eine Aldi- oder Lidl-Nähmaschine von meinen Großeltern bekommen. Für die Kleinigkeiten, die ich damals noch genäht habe, hat das schon ausgereicht, aber irgendwann, mit Steigerungdes Schwierigkeitsgrades, hat sie mich dann ziemlich viele Nerven gekostet. Vor ein paar Jahren habe ich dann eine fabelhafte Husqvarna bekommen, die ich heiß und innig liebe. Zu Weihnachten gibt’s vielleicht noch eine ergänzende Overlock.

    Reply
  • Larissa//No Robots Magazine
    13. Oktober 2015 at 09:45

    Kann ich schon verstehen. Meine IKEA-Maschine reicht schon erstmal, geht aber ständig kaputt (die Reparaturkosten gehen langsam in den Warenwert der Maschine …). Eine teurere Maschine wäre also durchaus angebracht. Allerdings habe ich jetzt mit Baby wirklich keine Zeit mehr, also muss die neue Maschine noch warten. Ich denke, das Phänomen liegt daran, dass Frauen vielleicht doch besser mit Geld umgehen können als Männer. Ich möchte aber auch schon, dass es sich lohnt. Entweder um Geld zu sparen oder um etwas zu nähen, dass ich so nicht bekomme.
    Allerdings widerspreche ich, dass ich die Asche für die Maschine habe, nur weil mein Mann sich teures Spielzeug kauft. Seine Finanzen sind ja nicht meine Finanzen (oder: wir sind da so ein ultra-neumodisches Ehepaar).

    Reply
    • fadenvogel
      13. Oktober 2015 at 16:54

      Ich habe mit der Asche für teures Spielzeug auch nur gemeint, dass ich die leichte Tendenz bemerke, dass ich bei Frauen die Argumente der Finanzen sehr oft höre, aber bei den Männern nie – unabhängig, ob man sich was leisten kann oder will. Mein Mann hat gemeint, dass in seinen *Männergesprächen* es bei Autos ums Geld geht, da wird dann schon mit Finanzen argumentiert, aber bei anderen Sachen kam das eher nicht. Seine Finanzen – meine Finanzen, klingt nach einem Blogartikel. 🙂

      Reply

Schreibe einen Kommentar zu fadenvogel Cancel Reply