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the sadness of selfies

the sadness oo selfies _Foto_Collage_final textIch habe dieses Wort schon oft gelesen – selfies. Man dreht die Handykamera zu sich, hebt ein wenig den Arm, damit man ein bisschen schlanker aussieht, entspannt das Gesicht wie Heidi es uns beibrachte und dann klickklick – das Selfie.

Danach kommen die Bearbeitungsfilter oder die nächsten 20 Versuche.

Man kann natürlich auch das Handy zum Spiegel drehen und damit sieht man im Spiegel das, was eigentlich der Photograph sehen sollte: die Position, die man in der Linse der Kamera gerade einnimmt. Hinter uns die Tristes des Badezimmers in weißen Kacheln oder die Schrankwand beim Spiegel im Flur.

Oder man benutzt den Spiegel, um sich selbst beim Photographieren zu photographieren. Das Selfie als Spiegelbildaufnahme – hinter uns immer noch der Wandschrank.

Manche brauchen den Spiegel auch gar nicht, sondern nehmen sich selbst mit dem ausgestreckten Arm auf. Sich selbst und die beste Freundin – Wange an Wange mit Kussmund.

Das Selfie soll sogar die modernste Form des Autogramms sein. Wange an Wange mit dem Star. Ein Bild, das an die Bilder von Freunden erinnern soll.

Mir sind meine eigenen Selfies peinlich. Sich selbst zu photographieren in aller Öffentlichkeit hat auch etwas Egoverliebtes, so schien es mir.

Bis mir auffiel, dass es eigentlich traurig ist. Die traurigste Form des Portraits überhaupt. Einem Harlekin gleich, denn es fehlt das Gegenüber: Derjenige, der uns photographieren will. Der diesen Moment mit uns, diesen Blick unbedingt festhalten möchte. Der uns gerade hübsch findet und diesen Zauber einfangen möchte.

Das Selfie ist der Wunsch, dass jemand gerade jetzt uns photographiert. Da das nicht passiert, photographieren wir uns selbst. The sadness of selfies.

7 Comments

  • Celeste Ealain
    24. Oktober 2014 at 15:09

    Liebe Sabine!

    Ich bin sprachlos. Dieser Beitrag ist einfach nur episch! Und so tiefgründig wahr, dass es bereits weh tut. Ist dieses tolle Zitat von dir selbst?

    lg C

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    • fadenvogel
      24. Oktober 2014 at 23:22

      Ähhh,ja. Danke. (Ich weiß jetzt auch nicht so ganz, was ich sagen soll) Ich werde rot…

      Jetzt muss ich doch noch mal nachhaken. NATÜRLIcH würde ich ein fremdes Zitat mit Verfasser angeben. immer. Ich gehe sogar manchmal so weit und nenne Ideenbringer. Allerdings nur, wenn ich mir sicher bin, dass ich weiß, wer diese Idee zu mir getragen hat. Manchmal ist das ja alles mehr so eine Welle an westlicher Zivilisation, die so über uns hinwegschwabbt.

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  • Penelope
    24. Oktober 2014 at 20:31

    Wunderbar auf den Punkt gebracht

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  • Larissa//No Robots Magazine
    25. Oktober 2014 at 14:34

    Mit Freunde ein Selfie zur Erinnerung zu machen ist ja eigentlich sehr nett (vor allem kommt man sich automatisch sehr nah). Aber ich glaube, die letzten Selfies von mir habe ich mit 20 gemacht, weil ich ein Foto von mir brauchte und Mama nicht fragen wollte. Damals hieß das auch noch nicht Selfie. Fotos von sich selbst in der Öffentlichkeit zu machen ist ungefähr so wie alleine in die Disco gehen: irgendwie traurig.

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    • fadenvogel
      26. Oktober 2014 at 09:50

      Bei uns hieß das Kamera mit Selbstauslöser: auf einem Bücherregale hinstellen, wegrennen und umdrehen. Ich finde es aber auf keinen Fall schlimm, das Selfie, aber ich gucke mir manchmal Selfies von Frauen an, von denen ich weiß, dass sie kein glückliches Leben grad führen und dann schnürt es mir die Kehle zu, weil auf dem Foto Schönheit und Unabhängigkeit, Modebewusstsein und Ausgeflipptheit rüber kommen soll…und ich sehe nur Einsamkeit…

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  • H.
    25. Oktober 2014 at 19:36

    schöner beitrag, habe ich sehr gerne gelesen. ich mache selten selfies zur veröffentlichung aber mir geht es auch oft so, dass ich mir wünschte, mich würde genau in einem besonderen moment jemand fotografieren. da übe ich aber gerade, dass dann auch so zu äußeren und das eine oder andere foto vom gegenüber einzufordern 🙂

    liebe grüße zu dir!

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  • Morjanne
    26. April 2015 at 13:20

    In der Öffentlichkeit finde ich Selfies seltsam, ein bisschen peinlich und vor allem sieht man wahnsinnig doof aus dabei. Zu Hause dagegen mach ich das auch öfter – wegen der unzähligen Wiederholungsversuche, die nie nie nie ein Mensch zu Gesicht bekommt. Und weil ich da entspannter bin. Und weil der Gatte immer nur auf meinen Hintern draufhält 😀

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