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Mein Hang zur Apokalypse

mein Hang zur ApokalypseIch habe einen Hang zur Apokalypse, einen Hang zu der Vorstellung, dass die moderne Welt zusammenbricht und ein Großteil der Menschheit verschwindet – durch Zombies aufgegessen wurde, beispielsweise. Diese Vorstellung begleitet mich nicht mit einem Schauer, sondern eher mit einem unbestimmten Seufzen. Oft denkt man ja, dass die Menschen, die nicht zufrieden mit ihrem eigenen Leben sind, auf das Zusammenbrechen der Welt hoffen – ich bin zufrieden und hoffe trotzdem.

Ich stelle mir vor, dass unter all den unechten und unnützen menschlichen Eigenschaften dann die Wahren zum Vorschein kommen würden.

Die, die uns zu mitfühlenden Wesen machen und die, das Gegenteil mit uns machen. Vielleicht würde der nette freundliche Kioskbesitzer, der mir morgens meinen Sesamring einpackt, in der Apokalypse auf mich schießen, weil ich noch eine Tomatendose gefunden habe – vielleicht würde er mich selbstlos retten vor Untoten und lebenden Leichen – man weiß es nicht. Ich sehe es ihm nicht an. Vielleicht würde er auch zu beidem fähig sein und tut er das eine oder das andere – nur von einem Zusammenspiel von Zufällen abhängig.

Bei meinen Überlegungen zu meinem persönlichen Weltuntergang spielt meine jetzige Lebenssituation keine Rolle – ich vergesse in meinen Gedanken meine Kinder, meinen Mann, meine Eltern, meinen Bruder. Ich habe keine Lust, in mir Trauergefühle heraufzubeschwören. darum geht es bei diesen Gedanken nicht – es geht eher um die globale Vorstellung, dass im Zusammenbruch das wahre Gesicht zu sehen ist – und die echten Handlungen zu tun. Essen besorgen – statt zur Arbeit zu gehen, Geld zu bekommen und dann Essen zu kaufen. Keinen Umweg mehr, alles unmittelbar. Deswegen wohl auch das eine oder andere oder jene Zombiebuch dieses Jahr.

Manchmal starten bei uns daheim regelrechte the-Walking-Dead-Wochen und es wird eine Folge nach der anderen geguckt, wobei die Geschichte mich streckenweise auch nicht interessiert und mir alles zu gelackt rüberkommt- dennoch sind meine Hauptbestandteile – homo homini lupus und die Geburtsstunde der wahren Helden – bei dieser Serie dabei.

the Walking Dead hat ihren Anfang bei einem Deputy Sheriff: Rick Grimes. Rick fällt ins Koma, nachdem er bei einem Einsatz angeschossen wird – man erfährt ein bisschen was über seinen Teenager-Sohn Carl und seine Eheschwierigkeiten mit Lori, seiner Frau. Er ist eng befreundet mit seinem Kollegen Shane Walsh – ein ganz normales Leben irgendwo im Südosten der USA.

Rick erwacht wieder aus dem Koma. Doch währenddessen ist die Zombieapokalypse über die Welt hinweggezogen und er (und damit als Zuschauer auch wir) lernen mit der neuen Situation ad hoc umzugehen.

Rick findet seine Frau und seinen Sohn wieder – doch seine Frau glaubte, er wäre tot und hat sich mit Shane zusammengetan. Die Gruppe wird immer größer und plötzlich würfelt sich die Gesellschaft neu. Aus dem White Trash werden Helden, aus einer geschlagenen Ehefrau eine Kämpferin, aus Rick ein gebrochener Mann. Die guten Menschen sind nicht mehr dieselben wie vor der Apokalypse. Ein engelsblonder Teenager zuckt mit den Schultern, wenn ein boyfriend stirbt; ein Buchhalter wird zum Massenmörder und eine ehemalige Upper-class-Mom zur Schwertkämpferin – alles ändert sich – jeder fällt auf seine Ursubstanz zurück. Aus was seine persönliche Ursubstanz besteht – keine Ahnung – ich habe eine Traumvorstellung von meiner, aber das ist ja aus Ermanglung der Zombierealität nicht wirklich nachprüfbar und getreu den Worten von Anna (Leb du deine Träume, ich lebe mein Leben und ich träume meine Träume) auch für mich im Endeffekt irrelevant.

Ich habe nur einen Hang zur Apokalypse.

 

*das Foto stammt aus meiner persönlichen Sammlung über Fahrräder, die vergessen wurden und die jetzt irgendwo eingewachsen oder im Winter vereist herumstehen. Ich sammle diese Fahrräder – erst nur im Kopf, jetzt auch als Foto. Okay, so viele Fotos habe ich noch nicht, aber es wird bestimmt mal eine nette Ansammlung werden…*

 

6 Comments

  • carmen
    17. November 2014 at 22:07

    Ich <3 dieses Foto! Zombis und so mag ich zwar überhaupt nicht, aber das Foto ist verdammt cool! Da kriegt man richtig Freude auf den Winter…

    lg carmen

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    • fadenvogel
      17. November 2014 at 22:13

      Danke! Mein Mann hat es mal aufgenommen, da er meinen Hang zu den verschollenen Fahrrädern kennt. Wenn es wieder passt, dann verwende ich wieder eines aus der apokalyptischen Fahrradsammlung…schönen Abend dir. Ich hoffe, dein improvisiertes Martinstheater hat gut geklappt.

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  • Larissa//No Robots Magazine
    18. November 2014 at 12:39

    Du hast gerade auch einen Hang zur Wahrheit, oder? 😉
    Übrigens habe ich vor einer ganzen Weile ein Foto für deine Sammlung gemacht: http://colinthehappyrobot.wordpress.com/2012/05/11/278/

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    • fadenvogel
      18. November 2014 at 14:25

      1. Cooles Foto. Ja, genau so mein ich das mit den apokalyptischen Fahrrädern.

      2. Was meinst du mit Hang zur Wahrheit? Eher das Thema Wahrheit an sich, das immer wieder auftaucht?

      Ich mag die Wahrheit. Vor allem deswegen, weil die Wahrheit an sich ja ein göttliches Prinzip ist und niemand sie kennt. Wir kennen ja nur immer Versionen unserer persönlichen Wahrheit…aber über die denke ich auch gerne nach…

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  • Kerstin
    19. November 2014 at 18:07

    Ein schöner Beitrag. Ich spiele auch öfter mit solchen Was-wäre-wenn-Sachen rum. Allerdings sinds bei mir keine Zombies, sondern meistens Chemieunfälle, Überflutung oder Aliens. Jedem seine eigene Apokalypse, was?
    LG Kerstin

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    • fadenvogel
      20. November 2014 at 10:23

      Jedem seine eigene Apokalypse, was?

      Ich lach mich grad tot, echt. Super. Daran habe ich noch gar nicht gedacht, wir können ja mal die Apokalypsen sammeln…

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