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Im Sonne, Mond und Sterne durch die Zeit gefallen

Gestern bin ich an einen Ort gewesen, an dem ich vor 10 Jahren das letzte Mal war. Mir war gar nicht klar, dass inzwischen so viel Zeit vergangen war. Sie ist ganz plötzlich vorbeigeflogen.

In München gibt es ein sehr sehr beliebtes Sommerkino, das Kino Sonne, Mond und Sterne. Im Westpark auf der gleichnamigen Seebühne veranstalten dort seit 1994 die Liebhaber der vergessenen Kinofilme Filmkunst auch bei Regen. Die Seebühne ist wie ein halbes Amphitheater angeordnet, mit großen sonnenaufgeladenen Steinen. Man darf dort seine halbe Campingausrüstung mitnehmen und ein eigenes Picknick, alles außer Glas. Natürlich kann man dort auch essen und Getränke kaufen. Ich erinnere mich noch an den asiatischen Imbiss. Den gab es auch schon immer.

Früher lief aber auch an einem Abend die Rocky Horror Picture Show. Alle kamen verkleidet hin und es gab eine Menge Publikumseinsätze…Klorollen werfen und so weiter. Ich bin mit einer Freundin hin, die in München aufgewachsen ist, aber immer zu diesem Tag von Wien nach München gekommen ist. Ihre Liebe zu diesem Abend war unendlich.

Gestern bin ich also wieder dort gewesen und habe mir „Die Karte meiner Träume“ angesehen. Es war wie durch die Zeit zu fallen. Mein Leben als Studentin kam wieder hervor, die Freiheit der Zeit, der Druck von Deadlines, keiner hatte ein Smartphone, Fotos gab es noch mit Kameras. Ich war darauf gar nicht vorbereitet.

In dem Film geht es um einen Jungen in Montana, der einen Wissenschaftspreis gewinnt und sich ohne seine Familie durch halb Amerika aufmacht, um ihn in Empfang zu nehmen. Seine Familie ist durch ein tragisches Ereignis gelähmt und im Stil von Amelie wird seine Reise weg und auch emotional wieder hin zu seiner Familie erzählt.

[spoiler title=“Bei unbedingten Verlangen, diesen wunderbaren kleinen Film anzusehen, hier eben nicht reinklicken“]
Mein studentisches junges unbekümmertes Ich saß also da und hat Bier getrunken, bis die Stelle kam mit der Wippe. Der Junge sitzt in Sepiafarben auf der einen Seite einer Wippe und vermisst seinen toten Zwillingsbruder. Er springt immer wieder in die Höhe und kein Gewicht hält mehr dagegen.
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Da musste ich weinen. Ja, wirklich, weinen. Ich bin eigentlich überhaupt nicht nah am Wasser gebaut.

An manchen Orten fällt die Zeit in sich zusammen und mein studentisches leicht biertrunkenes Ich konnte sich keine traurigeres Bild erdenken als das, weil mir eigentlich immer klar ist, wer ich bin.

[spoiler title=“Bei unbedingten Verlangen, diesen wunderbaren kleinen Film anzusehen, hier eben nicht reinklicken“] Ich bin eine Mutter, ausgerechnet von Zwillingen, die sich nichts Traurigeres vorstellen kann als die Trauer des einen Zwillings um des anderen.[/spoiler]

Gestern rasant von der Zeit eingeholt worden. Heute über der Fotokiste mit dem Bild von damals. Ein Rocky Horror Picture Bild mit geringer Kostümierung. Und ich muss lächeln. Vielleicht hätte ich ja damals auch schon geweint bei der Wippe. Ich bin mir nicht sicher.

2 Comments

  • Hana Mond
    30. August 2014 at 08:41

    Ich habe die Buchvorlage gelesen (und gemocht) und möchte den Film bei Gelegenheit auch ansehen …

    [SPOILER folgt!]

    Und als Zwilling, der ich ja bin, kann ich mir auch nichts Traurigeres vorstellen als die Trauer eines Zwillings um den anderen. Oh, wo ist grad meine Schwester, dass ich sie in den Arm nehmen kann?
    Wenn ich den Film sehe, muss meine Schwester dabei sein. Brauche bei der Wippe eine Vergewisserung, dass ICH sie noch habe 😉

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  • Larissa//No Robots Magazine
    30. August 2014 at 11:34

    Ich habe kurz überlegt, ob ich dich warnen soll, dass es ganz schön traurig sein könnte … aber dann wollte ich dir den Film nicht spoilern. Ich habe auch ganz schön geweint.

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